Wenn etwas nicht gut zu Ende gegangen ist…
Kennen Sie das, jemand sagt „Alles wird gut“ zu Ihnen, aber im Herzen wissen Sie, dass das nicht wahr ist? Wir wollen getröstet werden und dadurch schneller wieder in positive Gefühle und Gedanken kommen. Die Realität jedoch ist, dass manchmal etwas zu Ende und nicht gut ausgegangen ist. Menschen sterben zu früh und man hat die Liebe zueinander nicht leben können. Eine Kindheit ist zu Ende und man konnte seinen Eltern nie wirklich nah sein. Partnerschaften enden in Zerwürfnis und Streit. Warum versprechen wir uns Trost von dem Satz „Alles wird gut“? Manchmal kann etwas nicht mehr gut (gemacht) werden. Diese Wahrheit zu achten, kann mehr Erleichterung und Befreiung bringen als ein schwacher Trost.
… gibt es in einer Aufstellung oft Versöhnung
In einer Aufstellung gibt es grob gesagt zwei Varianten, wie sie ausgehen kann: Glücklicherweise dürfen recht viele die Erfahrung machen, dass sich Familienangehörige oder andere aufgestellte Personen, auch bereits verstorbene, aufeinander zu bewegen. Eine im Kindbett verstorbene Mutter kann ausdrücken, dass sie mit Liebe auf ihre Tochter schaut und ihr ihren ganzen Segen für ein glückliches Leben gibt. Ein Vater, der sein ganzes Leben mit sich beschäftigt war und der selbst keine Beziehung zu seinem Vater hatte, kann seinen Sohn umarmen und ihm sagen, dass es ihm Leid tut. Eine Ex-Frau sieht die Verantwortung am Scheitern der Beziehung und kann das Gute anerkennen. In all diesen Beispielen wurden Herzen und Seelen der Menschen berührt. Denn das, was nicht gut war, wurde von beiden Seiten angesehen, betrauert oder anerkannt. Für einen Moment vergewissert man sich der Liebe, die einen verbindet. Für diesen Moment ist alles gut und die Geschichte wurde ein Stück weit neu geschrieben.
… aber manchmal „nur“ die Wahrheit
In der anderen Variante einer Aufstellung können wir diese lösenden Bewegungen nicht sehen. Die Menschen, zu denen uns eine Verbindung fehlt oder für die wir zu viel getragen haben, zeigen keine Regung, bewegen sich nicht vom Fleck, schauen oder gehen gar weg. Für viele, die in ihrer Aufstellung so etwas sehen und sich Versöhnung oder Anerkennung ihres Leids wünschen, ist das schmerzhaft. Die Lösung findet nicht zwischen den Menschen statt. In diesen Aufstellungen liegt die Lösung in einem ganz wichtigen Schritt: Wir lassen den Widerstand gegen den Schmerz, dass es nicht gut war und auch nie wird, los. Wir schauen mutig auf das Verlorene und sehen die Situation so, wie sie war. Wir können aber in der Aufstellung sehen, dass die eigene Mutter, die uns immer ungerecht behandelt hat, eine ebenso fehlende Beziehung zu ihrer eigenen Mutter hatte. Oder dass der eigene Vater, der immer abwesend war, mit der Seele und seinem Herzen bei seinem Vater ist, wie ein Kind. Das zu sehen, wirkt sich bei vielen Menschen erleichternd und tröstend aus. Dennoch: Wir trauern mit uns allein, unser Schmerz bleibt. Und wir dürfen sagen: „Es war nicht gut.“ Wir achten unser Schicksal und das der anderen, denn es ist ja geschehen.
Vom Glück in jeder Lebenslage
Bert Hellinger sprach davon, dass wir mit unserem Schicksal in Einklang kommen müssen, um das Glück im Leben zu finden. Er meint damit, dass es sich leichter lebt, wenn man anerkennt, was war und ist, denn man kann es ein großes Stück weit nicht ändern.¹ Heute wird ja viel über Resilienz gesprochen – ich denke, dass Menschen, die als resilient eingestuft werden, genau das tun: Sie achten und akzeptieren, dass sie in einer anstrengenden, manchmal ausweglosen und schrecklichen Situation sind, aber sie hadern nicht damit. Sondern schauen, wie sich sich dennoch über Wasser halten und für sich (und andere) sorgen können. Darin liegt letzten Endes die größte Freiheit, dass man für sich die Verantwortung übernehmen kann.
Wenn man den Schmerz für sich allein trägt, so gut es eben geht, eröffnet dies die Möglichkeit, sich aus dem Hadern mit dem eigenen Leben, aus Vorwürfen und Anklagen zu lösen und den eigenen Weg weiter zu gehen. Darin kann Sie eine Familienaufstellung unterstützen.
¹ Weil Hellinger das früher so gemacht hat: Man muss niemanden um Verzeihung bitten oder sich vor jemandem verneigen, der nicht gut zu einem war. Man kann sich bewusst und klar von diesen Menschen trennen und die Verantwortung für ihr Handeln bei ihnen lassen. Gleichzeitig können wir achten, dass auch Menschen, unter denen wir gelitten haben, eingebunden sind in Familienschicksale und systemische Dynamiken.